markusG hat geschrieben: ↑Mo 18 Mär, 2024 07:17
iasi hat geschrieben: ↑So 17 Mär, 2024 13:38
Mir geht es mehr um den Inhalt von Bildern. In Dune 1+2 ist im Hintergrund gar nicht viel.
Der Film tendiert imho sehr in Richtung Expressionismus. Du erwartest offenbar aber ein eher impressionistischen Film - das kann dann natürlich für dich nicht funktionieren. Es ist genau das im Hintergrund, im Szenenbild das zu sehen was dort hingehört. Kein "Clutter", der vermeintliches Leben vorgaukelt. Funktioniert meiner Meinung nach super - so wirkt der Film noch mehr wie ein Traum, eine "Vision" und weniger wie eine Erinnerung oder gar eine Dokumentation. Wenn man natürlich mit dieser Erwartungshaltung ins Kino geht (letzteres sehen
zu wollen), ist das natürlich enttäuschend.
Ich erwarte mir den zielgerichteten Einsatz der filmsprachlichen Mittel.
Ich sehe die strammstehenden Soldaten des guten Hauses und die strammstehenden Soldaten des bösen Hauses.
Leere Hallen hier - leere Hallen dort.
Selbst bei den Fremen sieht man leere Hallen.
Was will man mir denn damit sagen?
Dabei ist der Film nicht mal stringent: Draußen ist Infrarot-SW, drinnen jedoch blau.
Auch im Expressionismus achtet man auf Aussage und Wirkung.
markusG hat geschrieben: ↑Mo 18 Mär, 2024 07:17
Was erfahren wir denn in den Bildern über die Harkonnen? Über Klischees geht es nicht hinaus, was Dune 2 uns zeigt.
Welche Klischees wären denn das deiner Meinung nach? Die Zivilisten der Harkommen werden ja kaum gezeigt, und das was gezeigt wird ja mit der Welt verbunden - Brutalismus / Giger-Style, IR Sonne die Farben "frisst", negatives Feuerwerk - wie erwähnt: Expressionismus statt Impressionismus. Der Film hat mich in der Hinsicht auch eher an sowas wie Metropolis erinnert.
Da ist doch kein Giger-Style. Da sind nur Formen.
Zivilisten bekommt man sowieso nicht wirklich zu sehen.
Es hat doch nichts mit Expressionismus zu tun, wenn man eine Gesellschaft derart banalisiert.
Das ist ja eine ganz schrecklich böse Herrscherfamilie auf diesem Planeten mit der IR-Sonne. Die schneiden schönen Mädchen die Hälse durch und kloppen die Köpfe ihrer Berater gegen Tischkanten. Dann noch etwas altrömischer Zirkus mit CGI-Massen in schickem IR-SW. Wie schon gesagt: In Innenräumen wird´s dann plötzlich blau. Evolution gibt´s bei diesem "World-Building" nicht.
markusG hat geschrieben: ↑Mo 18 Mär, 2024 07:17
Die Fremen? Die sitzen in großen Höhlen herum.
Das ist schon eine ziemlich ignorante Beobachtung. Erstens sind es keine "Höhlen" wie bei Höhlenmenschen, sondern in Felsen gehauene Städte und entsprechender Kultur. Die sind nur von außen getarnt/geschützt. Zudem wird auch ihr Einfluss auf Arakeen (weiß nicht mehr ob das in den Büchern auch so war) impliziert, es gibt also nicht "die" Fremen, und nicht alle leben in Sietches ("Höhlen").
Welche Kultur bekommt man denn zu sehen?
In Städten leben Menschen - wo sieht man denn etwas vom Leben der Fremen?
Dass das Wasser wichtig ist, bekommt man nicht nur einmal gezeigt und gesagt - mehr nicht.
Das bringt L.o.A. während der Einführung eines Charakters (Omar Sharif) sehr viel deutlicher auf den Punkt - und spannender.
Dabei wird dann auch noch etwas über die gesellschaftlichen Strukturen ausgesagt.
markusG hat geschrieben: ↑Mo 18 Mär, 2024 07:17
Die Weite der Wüste ist auch ein Motiv.
In Dune gibt es auch Aufnahmen von Naturkulissen - aber die wirken viel zu oft wie aus einem Urlaubskatalog.
Ne eigentlich überhaupt nicht. Es wird eher wie ein Charakter dargestellt, quasi der Gegenspieler zu Paul. Die Fremen haben die Wüste für sich "gezähmt" oder zumindest sich arrangiert. Paul muss dies noch, und so wird die Wüste auch verwendet. Auch Gegenüber den eher grobschlächtigen, technikgläubigen Harkonnen - die aber gar nicht die Absicht haben auch zu integrieren. Da geht es um Unterwerfung, Dominanz.
Du magst vielleicht das Motiv dahinter für klischeehaft halten. Aber so "geht" nunmal die Geschichte von Dune, war bei Lynch genauso.
Die Wüste ist immer nur schöne Kulisse.
Man bekommt eben gerade nicht gezeigt, wie gefährlich sie ist.
Wann hat da mal jemand Durst?
Wann plagt da jemanden die Hitze?
In L.o.A. gibt es eine Szene, in der das halbe Publikum nach der Flasche gegriffen hatte.
Und wo ist denn bei den Wüstenaufnahmen der Expressionismus geblieben?
Da sitzt also das Liebespaar auf dem Dünenkamm - schöne Wüste ala Urlaubsprospekt.
markusG hat geschrieben: ↑Mo 18 Mär, 2024 07:17
Die Fremen besitzen zwar moderne Technik, aber leben wie die Höhlenmenschen. Wo sind die Einblicke in die Kultur?
In der Buchvorlage erfährt man deutlich mehr als in den Filmen. Und in Villneuves Filmen nochmal deutlich mehr als bei Lynch. Habe da auch mit den Kino-Mitgängern drüber gesprochen. Da war der Tonus aber der, dass der Film eh schon lange genug war. Es wurde gezeigt was gezeigt werden musste, um einen stimmigen und logischen Film zu erschaffen, statt einer Sammlung von Schnittbildern wie es noch bei Lynchs Ultra komprimierter Version der Fall war. Wer "mehr" will verlangt eben auch eine längere Spielzeit.
Erzählen kann man immer mehr, das bietet die Vorlage. Aber so (inhaltlich) reduziert wie du es darstellst war der Film überhaupt nicht - vielleicht hast du ja zwischendurch genickert^^
Oh - der Verweis auf die Bücher zeigt nur, dass Villneuve nicht in der Lage war, eine entsprechende filmische Umsetzung zu finden. Dass man mit Filmsprache in kurzer Zeit sehr viel erzählen kann, zeigt die "Ehe" in Citizen Kane.
Villneuve erzählt in der 3-fachen Lauflänge kaum mehr als Lynch.