Heute war es dann also soweit: Apple liefert mit dem heutigen Tage die weit im voraus bereits angekündigte, erste eigene Set-Top-Box mit dem schlichten Namen Apple TV aus. Die Reaktionen reichen von jubelnden Analysten, die Apple nach dem iPod jetzt endgültig im Massenmarkt der Wohnzimmerunterhaltungselektronik angekommen sehen bis hin zu kühlen Feature-Vergleichs-Listen von Tech-Geeks, die auflisten, was Apple TV alles NICHT kann. Worum geht es also - beim Apple TV ?
Zunächst einmal ganz objektiv und eher unstrittig die Hard Facts:
Apple TV gleicht vom äußeren einem Mac-Mini.
Abmesssung: 197 mm x 28 mm
Gewicht: 1,09 kg
Stromversorgug über integriertes 48-Watt-Netzteil
Prozesssor: Intel Low Power CPU
Festplatte: 40 GB
Systemvoraussetzungen: Mac oder PC, iTunes 7, Mac OS 10.3.9 + oder Windows XP, Home/Professional SP2
Anschlüsse und Schnittstellen:
HDMI
Komponentenvideo
Optical Audio
Analos Stereo (Cinch)
10/100BASE T Ethernet
USB 2.0
802.11n (WLAN)
IR-Empfänger für Apple Remote
Unterstützte Videoformate:
H264 und DRM H264 aus dem iTunes Store
640x480 Pixel 30 fps
320x240 Pixel 30 fps
1280x720 P 24 fps
MPEG 4 bei 640x480 Pixel und 30fps
Unterstützte Audioformate:
AAC (16 - 320 Kbit/s)
mp3 (16-320 Kbit/s)
Apple Lossless
AIFF
WAV
Unterstützte Bildformate:
JPEG,, BMP,GIF.TIFF,PNG
Kompatible Fernsehgeräte:
ED oder HD Breitbild TVs
Soweit so einfach - doch wofür wurde Apple TV konzipiert und was leistet es und was leistet es nicht ?
Die vielleicht einfachste Antwort darauf gibt der iPod, der eigentlich nichts weiter mit dem AppleTV zu tun hat, und doch vielfach mit hineinspielt. Apple TV holt die mobile Funktionalität des videofähigen iPods auf das TV-Gerät im Wohnzimmer - allerdings mit drei wichtigen Zusätzen:
- Neben den bekannten iPod Videoauflösungen von 320 x 240 und 640x 480 bietet Apple TV ebenfalls 1280 x 720
- Apple TV vernetzt sich über ein WLAN mit anderen Rechnern
- per Apple TV lässt sich direkt auf den iTunes-Store im Internet zugreifen und Musik und Videos von dort herunterladen.
Schlüssel- und Schaltzentrale der Medienverwaltung bleibt iTunes. Alles was sich an einem Rechner in iTunes anhören oder ansehen lässt, wird ebenfalls via Apple-TV wiedergegeben. Alles was in Form von iTunes Bibliotheken in einem WLAN-Netzwerk auf bis zu 5 Rechnern organisiert ist, kann via Apple TV auf dem TV-Set wiedergegeben werden. Mit dem letzten Quicktime-Update steht eine Export-Funktion für Videoclips zur Verfügung, die sich Export nach Apple TV nennt. Wer diese Funktion einmal ausprobiert, erhält ein h264 kodiertes Video-File mit AAC Audio-Codec mit der Endung .m4v, das wiederum sofort von iTunes erkannt wird und sich in iTunes formatfüllend abspielen lässt. Interessant hierbei die Beibehaltung der Größe des Videos. Unser Ausgangsfile hatte die ungewöhnliche Größe 1024x600 Pixel. Diese wurde bei der Quicktime-Konvertierung beibehalten - die Frage wäre nun: spielt dieses Nicht-Größen-Konforme-Video-File auch via Apple TV ab ? Die Frage haben wir gleich an Apple weitergeleitet und werden, sobald wir Antwort haben, die Info nachreichen.
Update: Soeben hat Apple Deutschland uns informiert, dass es sich bei den Videogrößen um maximale Größenangaben handelt, die Apple TV abspielen kann. Kleinere Größen, wie in unserem Export-Beispiel aus Quicktime heraus sollten problemlos auf dem Apple TV laufen.
Ohne die Set-Top-Box in der Praxis getestet zu haben, bleibt eine Einschätzung natürlich schwierig, aber gehen wir einmal zu Gunsten von Apple und mit Hinblick auf erste User wie Apple Afficionado Walter Mossberg vom WallStreet Journal davon aus, dass die Bedienung und das Zusammenspiel "Apple-like" einfach und unkompliziert sind, dann besteht hierin bereits für viele iTunes- und iPod-User ein verlockendes Angebot. Zum Preis eines iPods erhält man die Möglichkeit die iTunes Bibliothek auf den Fernseher zu bringen - und zwar mit gewohntem Sortierungs-Komfort. Was die Analysten derzeit frohlocken lässt, ist die Tatsache, dass die Erfahrung nicht an den Besitz eines Macs gebunden ist, sondern allen iTunes Usern zur Verfügung steht, egal ob sie iTunes auf dem Mac oder auf dem PC nutzen. Dies stellt im Vergleich zu den Mac-Usern eine ungleich größere, potentielle Konsumenten-Gruppe dar. Gemäß Apple wurden bislang weit über 1 Millarde Songs in iTunes heruntergeladen, iTunes ist zu einem Standard unter den Musik-Playern am Rechner geworden. Sollte sich diese "Standardisierung" für den Bereich Video mit Hilfe der im Hintergrund werkelnden starken Quicktime-Engine wiederholen lassen, sähe Apple einer goldenen Zukunft entgegen.
In diesem Zuknufts-Versprechen liegt also einerseits der Charme und das Pathos von Apple TV aber andererseits eben auch die momentane Schwäche. Wer mit der obig beschriebenen Plug&Play-Transformation seiner iTunes/iPod-Inhalte auf den Fernseher im Wohnzimmer zufrieden ist - fein. Wer jedoch für knapp 300,- mehr erwartet, der muss auf die Zukunft vertrauen, denn derzeit trifft der geneigte User auf ein kaum existentes Angebot an Filmen im iTunesStore, hat keine Möglichkeit DVDs auf dem Apple TV abzuspielen, weil ein DVD-Player schlichtweg fehlt, von HD-DVDs oder BlueRay-DVDs ganz zu schweigen. Und auch wer meint, mit der Festplatte doch wenigstens einen digitalen Viderrecorder sein eigen nennen zu können, der wird enttäuscht. Solange iTunes (vor allem auch in Europa) nur wenig dem Angebot von gewöhnlichen Videotheken entgegenzusetzen hat, ist es ein Versprechen auf eine noch nicht eingelöste Zukunft und mit 300 Euro dafür etwas zu teuer.
Aber auch hier gilt es vorsichtig zu sein - wer hätte der iPod/iTunes-Combo die Karriere prognostiziert, die sie letztlich aufs Parkett gelegt haben ? Vielleicht also schlummert trotz aller Beschränkungen irgendwo tief im Apple TV versteckt eine Revolution und sei es auch nur eine verschobene- wundern sollten wir uns dann allerdings nicht mehr. Revolutionen sind bereits durch solch vermeintlich einfache Zutaten wie gutes Design und Plug&Play ausgelöst worden - auch wenn "die Anderen" fast alles irgendwo irgendwie besser können.
rob
