Wir hatten kurz vor Weihnachten die Gelegenheit, Apples iPad einem Kurztest zu unterziehen. Wir haben es in Sachen Videofunktionalität etwas genauer betrachtet und uns Gedanken darüber gemacht, wo wir grundsätzlich dessen Stärken und Schwächen sehen, und was wir uns für die Zukunft von dieser neuen Geräteklasse erhoffen …
Was ist das iPad?
Tja, wenn man sich umschaut, dann werden auf diese Frage fast genau so viele Antworten gegeben, wie es scheinbar Anwendungsprofile hat: Ein eBook-Reader, die digitale Zukunft von Printmedien, das Ende von Printmedien, ein Präsentationsgerät, ein Life-Style Statussymbol, ein Navigationsgerät, ein Surfbrett, eine Schreibmaschine ohne Tastatur, ein mobiler Mediaplayer, ein größerer iPod, ein Iphone ohne Telefonfunktion, eine externe Touchscreen-Gerätesteuerung etc.pp.
Wir wissen es ehrlich gesagt auch nicht so genau, aber wir können zumindest aus unserer Perspektive, die mit Journalismus und mit Video zu tun hat, ein Paar generelle, höchst subjektive Eindrücke zum iPad beitragen ...
(Wer mehr technische Daten benötigt, findet diese auf den Seiten des Herstellers)
Zunächst mal ist das iPad eine „höchst life-stylische“ Angelegenheit. Klar ist das subjektiv und Werbungs-gehypt aber genauso wie die Einführung von Touchscreen-Handys - lang lang ist`s her - bei vielen ein „Raumschiff-Enterprise Gefühl“ ausgelöst hat, klebt an dem iPad einfach unübersehbar dieser „Bedien mich und Du bist ein Teil der Zukunft“ Effekt.
Das hat zu einem Teil mit Marketing zu tun – aber halt eben nicht nur. Denn zu diesem Effekt gehört noch etwas mehr: Ausgeprägtes Design, Geschwindigkeit beim Grafik-Aufbau, funktionierende Touchscreen-Gesten-Bedienung, perfekte Anbindung an „App-Stores“ und Medienverleih Kaufmöglichkeiten, einfachste Einrichtung von Emails-Accounts und ebenso komfortables Surf-Erlebnis, eine Bedienfunktionalität, die, in ihren streng definierten Grenzen, so gut wie nie ins Stocken gerät etc.pp. Es ist also dieses perfekt aufeinander abgestimmte Gesamtpaket, welches das iPad derzeit zum beeindruckenden Verkaufsschlager werden lässt. Und dies kann man Apple vorhalten oder nicht – aber anerkennenden Respekt hierfür zu zollen, hat nichts mit Anbiederei zu tun ...
Und ebenso wie bei der Einführug des iPhones plötzlich Autohersteller um die bestmögliche iPhone-Integration in ihre PKWs wetteiferten, um vom Glanz der Zukunftsaura etwas für sich beanspruchen zu können, wird man nun allerorts mit iPad-Versionen von Printausgaben, iPads als beiliegenden Bedienungsanleitungen beim PKW-Kauf oder „modernen“ Außendienstmitarbeitern mit iPads im Gepäck, konfrontiert. Das iPad scheint derzeit auf dem besten Weg zu sein, unsere digitale Lebenswelt in ähnlicher Weise zu beeinflussen, wie das iPhone dies zuvor geschafft hat – ganz gleich, ob man nun zu den iPhone-Nutzern zählt oder nicht. Allein als >Chiffre für die digitale Moderne< funktioniert das iPad bereits weltweit in unser Aller Bewußtsein.
Auf etwas sichererem Boden bei der Einschätzung des iPads bewegen wir uns, wenn wir das iPad in Bezug auf unseren journalistischen Alltag hin befragen. Hier fächern sich gleich eine ganze Reihe von Pros und Contras auf ... doch der Reihe nach ... Will man dem iPad gerecht werden, sollte am Anfang die Erkenntnis stehen, dass das iPad in seiner derzeitigen Form in erster Linie ein Konsumiergerät darstellt und nicht ein Produktionsgerät. Die Erklärung hierfür ist einfach: Emails lesen geht wunderbar, längere Emails schreiben wird ohne externe Tastatur und ergonomischen Blickwinkel auf den Schirm schnell zum Krampf. Webseiten absurfen, in Social-Networks SMS-lange Nachrichten austauschen wunderbar, aber längere Texte schreiben, gar als Ersatz zum Laptop für längere journalistische Texte völlig ungeeignet.
Dabei sehnt sich die Journalisten-Zunft ja ständig nach dem einen, alles vermögenden Eingabegerät: Nochmal viel leichter als ein Netbook, mit langer Akku-Laufzeit, Email und Browser überall online, Fotos und Videos rudimentär aufnehm- und bearbeitbar und mit bestmöglicher Texteingabe – auch für längere Texte. Wie man sieht, ist das iPad unter diesen Gesichtspunkten ein beachtlicher, aber noch nicht perfekter Wurf. Abhilfe lässt sich mit externen Tatstaturen und Docks für ergonomisch bessere Haltung bei langer Texteingabe erreichen, aber zusammen mit einer externen Tastatur in einem Klappfutteral ist das iPad auch nicht sonderlich kompakter oder leichter als ein Netbook.
Wer viel auf Konferenzen unterwegs ist, mag hingegen seine Arbeitsweise entsprechend anpassen. Auf der Konferenz lediglich kurze Memo-Texte via Touchscreen, später, bei der Aufbereitung im Hotelzimmer, mit angeschlossener Tastatur dann die ausführliche Textversion– das klingt machbar und erhält den Vorteil der Kompaktheit.
Wenn man dann noch zu jenen gehört, die in erster Linie digitale Texte zu lesen haben und vielleicht einem eBook Reader für den Zeitvertreib auf Reisen nicht abgeneigt gegenüber stehen oder der Alltag sowieso zu 80% aus Web-Lektüre besteht, dann lassen sich plötzlich Schnittmengen erkennen, bei denen das iPad als gute Wahl hervorgeht.
Und genau so würden wir derzeit auch an die Entscheidung für oder wider den iPad-Kauf herantreten. Gibt es nur eine Funktion, die das iPad in meinem Arbeits- oder Freizeits-Alltag besser als meine bisherigen Zeitvernichtungsmaschinen kann, dann muss es das schon sehr viel besser können, um seinen Kauf zu rechtfertigen. Gibt es jedoch eine Anzahl von Schnittmengen nach dem Motto: Ich brauche einen mobilen YouTube/Vimeo Player und als Freizeitkapitän ist ein neuer Kartenplotter fällig und die Kinder „müssen“ Zeichentrickfilme auf längeren Autofahrten sehen, dann mag sich die Anschaffung plötzlich lohnen ...