Gyroflow: Kostenloses Tool zur Videostabilisierung und Rolling-Shutter Korrektur

Verfügt eine Kamera nicht selbst über eine ausreichend gute optische oder elektronische Bildstabilisierung oder wird ohne Gimbal gedreht und wirken die Aufnahmen verwackelt, dann ist der Einsatz eines Tools zur nachträglichen Videostabilisierung oft ratsam. Gyroflow ist eine solche kostenlose Software für die nachträgliche Stabilisierung von Video, welche die mittels eines Gyrosensors aufgezeichneten Bewegungsdaten zur Stabilisierung in der Postproduktion nutzt und sogar in der Lage ist, Rolling-Shutter Artefakte zu korrigieren.





Warum Bildstabilisation per Gyro?

Normalerweise arbeitet eine nachträgliche Videostabilisierung mittels einer Bewegungs-Analyse der Bilder (Motion Estimation per Optical Flow), d.h. ein Algorithmus muss erkennen, welche Bildbewegungen gewollte Kamerabewegungen des Users sind, welche unabhängige Bewegungen des Bildmotivs sind und welche unerwünschte Verwackler.



Werden letztere erkannt, dann versucht der jeweilige Algorithmus durch einen Zuschnitt aller Bilder einer solchen Sequenz das Video zu stabilisieren und so im Endeffekt flüssige filmische Aufnahmen zu erhalten. Der Algorithmus kann sich aber auch irren oder solche Bewegungen nicht gut genug erkennen (Probleme können durch eine schlechte Lichtsituation, Bildrauschen oder Bewegungen von Objekten entstehen), um verwackelte Videosequenzen wirklich zu verbessern.






Besser funktioniert eine solche Stabilisierung, wenn der Algorithmus weiß, wie sich die Kamera während der Aufnahme bewegt hat - dann kann er Kamerabewegungen von Bewegungen im Bild oder Verwackler durch Stöße viel besser unterscheiden. Dafür müssen parallel zu den Videoclips mittels eines integrierten (oder externen) Beschleunigungssensors Daten aufgezeichnet werden, die Aufschluss über die Kamerabewegungen geben.



Genau das macht Gyroflow und erreicht so mittels einer präzisen Objektivkalibrierung, Rolling-Shutter-Korrekturen und anpassbaren Stabilisierungsalgorithmen eine Stabilisierung, welche unabhängig von den Lichtverhältnissen oder sich bewegenden Motiven arbeitet.




Wie funktioniert die Stabilisation per Gyro genau?

Per Bewegungssensor wird die Bewegung der Kamera gemessen und diese Daten dann mit dem aufgezeichneten Video synchronisiert. Dann kann eine virtuelle Kamera erstellt werden, die sich genau wie die physische Kamera bewegt und das Bild auf eine imaginäre Ebene oder Kugel "projiziert". Zudem können anhand der Gyrodaten Bildverzerrungen durch den Rolling-Shutter-Effekt, der bei Kamerabewegungen durch das lineare zeilenweise Auslesen der Sensordaten auftritt, korrigiert werden. Eine andere (geglättete) Kamera kann das Bild wieder einfangen, was zu einem stabilisierten Video führt. In der Praxis lassen sich die Projektion und die Wiederaufnahme mit Hilfe ausgeklügelter mathematischer Verfahren kombinieren. Das Verfahren wird schön im folgenden Video erklärt:









Welche Kameras unterstützen Gyroflow?

Voraussetzung für die Stabilisierung per Gyroflow ist das Vorhandensein von Gyrodaten, die parallel mit dem jeweiligen Video aufgenommen wurden. Einige Kameras unterstützen die Aufzeichnung von Bewegungsdaten dank eines integrierten Gyrosensors von Haus aus, wie etwa viele Kameras von Sony (wie etwa die A1, A7C, A7R IV, A9 II, FX3/6 oder ZV-E10), die Actioncam GoPro (ab Hero 5) oder die Insta360 Panoramakamera. Für den Einsatz mit anderen Kameras ohne integrierten Gyrosensor kann eine GoPro, ein Smartphone samt passender App oder ein spezieller externer Sensor als Gyrodaten-Logger verwendet werden.


Gyroflow User Interface
Gyroflow Benutzeroberfläche



Gyroflow - für welches Betriebssystem?

Gyroflow ist ein Standalone Open Source Tool (wahlweise auch mit deutscher Benutzeroberfläche), welches plattformübergreifend für Windows, macOS (auch M1), Linux (Android und iOS Apps sind in Arbeit) kostenlos verfügbar ist - hier der Download der verschiedenen Versionen. Gyroflow ist auch in Form eines Plugins für die Videoschnittprogramme Adobe Premiere und Blackmagics DaVinci Resolve geplant, aber noch nicht fertig. Eine ausführliche Dokumentation und Anleitungen finden sich hier. (Danke an Rush für die Meldung)





Die wichtigsten Funktionen von Gyroflow

Die vollständige Liste aller Funktionen findet sich hier, die Highlights:


- Unterstützung für Gyrodaten von Sony-Kameras


- Einfache synchronisationsfreie Stabilisierung für die GoPro Hero ab Version 8, auch bei aktivierter Hypersmooth-Funktion.


- Unterstützung für bis zu 16-Bit-Videomaterial


- GPU- und Hardware-Beschleunigung samt Multithreading für Echtzeit-Wiedergabe und schnelles Rendering


- Rolling-Shutter-Korrektur für sehr verwackelte Aufnahmen und verbesserte Stabilisierungsalgorithmen


- Plattformübergreifend: arbeitet derzeit unter Windows, macOS (auch M1) und Linux - Android- und iOS-Apps sind geplant


- Unterstützt und rendert 10-Bit-Videos (und höher, bis zu 16-Bit 4:4:4, direktes YUV-Rendering ohne Datenverlust - keine Umwandlung in RGB)


- Adaptiver Zoom (dynamisches Zuschneiden)


- Mehrere Algorithmen zur Glättung der Videoausrichtung, einschließlich Horizontnivellierung und Glättungsanpassung für einzelne Achsen


- Unterstützt Videos mit variabler und hoher Bildrate, alle Berechnungen erfolgen auf Basis von Zeitstempeln


- x264-, x265-, ProRes- und PNG-Ausgaben, wobei x264 und x265 vollständig GPU-beschleunigt sind


- Automatische Objektivkalibrierung


- Eingebaute Objektivprofile für GoPro HERO 6, 8, 9 und 10 in allen Aufnahmemodi






Liste der unterstüzten Kameras bzw. Sensoren für Gyrodaten

- GoPro (HERO 5 und später)


- Sony (A1, A6600, A7c, A7r IV, A7 IV, A7s III, A9 II, FX3, FX6, RX0 II, RX100 VII, ZV1, ZV-E10)


- Insta360 (OneR, SMO 4k, GO2)


- Betaflight Blackbox (CSV und binär)


- per Smartphone App ( Sensor Logger (Android), G-Field Recorder (iOS) und Gyro


- Runcam CSV (Runcam 5 Orange, iFlight GOCam GR)


- WitMotion Sensor (WT901SDCL binary and *.txt)


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